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Montag, Dezember 03, 2007

Schöner Titel

für diese Rezension der Judith-Hermann-Verfilmung "Nichts als Gespenster": (mirror) Nach der Trennung zum Bildungsurlaub nach Venedig oder zum Vögeln nach Island?

Gefühlsprobleme in den Zeiten der Billigfliegerei. Man kann ja mal gucken, ob man woanders nicht besser mit sich klarkommt - was dann aber natürlich auch nicht funktioniert, weil man sich selbst bekanntlich immer mitnimmt.

Ein talentiertes Ensemble junger Schauspieler spielt ein heutiges Ensemble immer irgendwie halbgarer, sich selbst unsicherer Gefühle. Ob sie das gut machen, ist gar nicht die Frage, die man sich dabei stellt; sie tun es.

In Ralf Westhoffs Film "Shoppen" sah man etwa Figuren, die noch während eines Speed Datings runterbeten konnten, was man da theoretisch alles durchschaut hat; Stichworte wie Konsum der Romantik, Bindungsangst, Ökonomie der Gefühle, Selbstunsicherheit in einer Gesellschaft des Wahlzwangs hatten sie drauf - und im nächsten Augenblick stürzten sie sich in die Suche nach dem großen privaten Glück, als hätten sie alle Stichworte wieder vergessen.

Und hier muss man wohl auch mal wieder seinen Standpunkt prüfen: Die Mittelschicht grenzt sozial Benachteiligte aus - Bildung ist ein Menschenrecht

Allenthalben werden die Selektionsstrategien verschärft durch Qualitätssicherung und Output-Kontrollen. Leistungsvergleiche in den Grundschulen haben nachweislich zu sehr viel mehr Sonderschulüberweisungen geführt. Weder ist die Qualität des integrativen Gemeinsamen Unterrichts von Kindern mit und ohne Behinderungen in den letzten Jahren verbessert noch die Integrationsquote merklich ausgebaut worden, während die Schülerzahlen in den Sonderschulen deutlich angestiegen sind. Alle Bundesländer haben inzwischen ihr Sonderschulsystem zum Förderschulsystem umdeklariert und behaupten damit wider besseres Wissen, behinderten und sozial benachteiligten Kindern würden dort echte Zukunftschancen durch kompensatorische und rehabilitative Maßnahmen eröffnet.
Tatsächlich verweist die politische Verweigerung, aus den vielen guten Beispielen und den empirischen Vergleichsstudien die richtigen Schlüsse zu ziehen, auf gesellschaftliche Ursachen, die mit Teilen der heutigen Mittelschichten verbunden sind. Im selektiven Schulsystem haben sich dank der Bildungsexpansion - sprich: Öffnung der Gymnasien und Einrichtung von Gesamtschulen auch für Arbeiterkinder - neue akademisch geprägte Mittelschichten herausgebildet. Über ihren eigenen Aufstieg im Fahrstuhl der Bildungsexpansion haben manche Absolventen mit erfolgreicher gymnasialer Biografie offenbar diejenigen vergessen, die der Fahrstuhl nicht mitgenommen hat.Wie in bildungssoziologischen Studien nachgewiesen neigen sie dazu, ihren Erfolg sich selbst und der eigenen Leistung zuzuschreiben. In der Logik dieses Denkens werden gesellschaftliche Probleme individualisiert, und es gilt für sie im Umkehrschluss, dass die Bildungsverlierer ihren Misserfolg und ihre geringe Bildung selbst verschuldet haben. Für ihre eigenen Kinder wünschen sich diese "Aufsteiger" das Abitur am Gymnasium, weil es Erfolg und eine soziale Trennung von den bildungsfernen Unterschichten sichert. Dieses Motiv verbindet sie mit Teilen der traditionellen Mittelschicht und des Bildungsbürgertums. In dem Maße, wie auch in die Mittelschichten die Angst vor Prekarisierung eindringt, werden die Bildungsprivilegien, die das Gymnasium für sie garantiert, noch stärker verteidigt.

Erstellt von tixus um 7:31 PM Kategorien: Film
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