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Freitag, Februar 01, 2013

Neger, wichsen, Fickeisen

Oje, wenn die ZEIT schon auf BILD-Sprache macht ("unsere liebsten Kinderbücher" - das gerade Kritisierte ist dort ja auch immer gleich "unser bestes/liebstes/wertvollstes XYZ") macht, dann wirds ernst: Aber Sprache ändert sich und man muss sich wirklich fragen, warum es Leute wichtig ist, Neger oder anderes zu sagen? Weil "Menschen mit dunkler Hautfarbe" oder Schaumkuss albern klingt? Mag ja sein, dass sie das Wort als positive Kindheitserinnerung behalten wollen und es auch nicht rassistisch meinen; aber seitdem hat sich eben viel geändert:

Wenn die Hälfte der Menschheit sich von den schlechten Angewohnheiten der anderen Hälfte belästigt fühlt, dann wird es einfach Zeit, sich ein paar Dinge abzugewöhnen.

Und wie es dieser Artikel ganz gut trifft: "Weiße dürfen nicht bestimmen, wann sich Schwarze gekränkt fühlen". Und so sollten wir nachdenken, wenn neue Bezeichnungen wie "Menschen mit Lernschwierigkeiten" statt Behinderte/Idioten oder "Opfer sexualisierter Gewalt" auftauchen und diese dann annehmen.

Hier hat Hadija Haruna genau meine Meinung getroffen:

Reflektieren zu müssen, dass man einen rassistischen Begriff benutzt, obwohl man um seine abwertende Bedeutung weiß, ist schmerzhaft.
Man kann Astrid Lindgren und ihr Werk, das dem damaligen Zeitgeist entspricht, nicht umschreiben.... Wir reden hier ja nicht über Shakespeare. Wir reden über Bücher für Kinder.
Änderungen in der Literatur sind ja nichts Neues. Und andere Änderungen hat man hingenommen.

Man darf, ja man muss Texte dem Sinn nach anpassen und das passiert ja auch ständig: Kein "wichsen" findet sich mehr sondern putzen, kein Fickeisen sondern Bügeleisen, und darum kann auch der "Neger" bei Pippi L. ein Südseekönig sein, weil die Absicht genau diese war: Eine exotische, von weither stammende Person zu benennen und keine Ethnie. Es geht wie gesagt um KINDERbücher. Später kann wie in "Django Unchained" oder Mark Twain von Nigger, Neger usw. geredet werden, weil es eben auch die Absicht des Erzählers ist: Diffamierende Begriffe, Abwertung in Sprache und Gestus auszudrücken und den Figuren zuzueignen; erst Recht wenn es als Schulbuch dient.

Erstellt von tixus um 7:15 PM Kategorien: Buch, Gesellschaft

Freitag, Juni 15, 2012

Hier sieht mich der Fuchs

  

Von Zeit zu Zeit gibt es Bücher, von denen man eines erwartet, aber dann etwas anderes bekommt und es einen umhaut: Dieses Buch ist für alle, die unter Konformität, Herdentrieb, Dummheit und menschlichen Schwächen leiden mussten (also fast alle...) - selbst wenn sie nicht als Nerds in ihrer Jugend diskriminiert wurden. Ich war sehr überrascht, dass Paul Graham in "Hackers and Painters" das erste Kapitel komplett dem nicht-technischen Thema von jugendlichen Aussenseitern ("Nerds, Freaks", Dexter-The Lab geek) in amerikanischen Schulen widmet:

 

Aber dann geht es um die Aspekte am Hacken wie Malen, die es für uns so interessant machen:

What hackers and painters have in common is that they are both makers.

Und er spricht an, was Hacken als Broterwerb in großen Firmen irgendwie unbefriedigend machen kann und räumt mit lang gehegten Missverständnissen auf:

I've never liked the term "computer science." Sometimes what the hackers do is called "software engineering," but this term is just as misleading. Good software designers are no more engineers than architects are. It falls between what and how: architects decide what to do, and engineers figure out how to do it. What and how should not be kept too separate. You're asking for trouble if you try to decide what to do without understanding how to do it.
Universities and research labs force hackers to be scientists, and companies force them to be engineers.

It's unrealistic to expect that the specifications for a program will be perfect. You're better off if you admit this up front, and write programs in a way that allows specifications to change on the fly.

Erstellt von tixus um 8:52 PM Kategorien: Buch

Sonntag, Juni 03, 2012

Sven und Hamburch-Heiner

Auf den langen Autofahrten zur Zeit hören wir Svens Logbücher - eine sehr witzige Sammlung von Blogeinträgen aus den Jahren 2004-2009. Kostprobe: "Wie hat unser Tourbusfahrer immer gesagt: Fährst du los mit Neoplan, kommst du an mit Bundesbahn." Die Dialoge mit Hamburch-Heiner sind durchweg gut aufgebaut - müssen alle kaufen. Hier die offizielle Hörprobe:

Erstellt von tixus um 5:20 PM Kategorien: Buch

Samstag, April 14, 2012

Cruz Smith Havana Night

Ein schöner Schmöker für den ich gerne früher ins Bett husche: Martin Cruz Smith "Nacht in Havanna". Neben den vielen spanischen Einwürfen, gerne auch mal nur Beschimpfungen ("El cono Rufo? Es cabron y comemierda. Oye, hombre, singate y singa a tu madre tambien!"), besticht es durch die Ortsbeschreibungen ("Erasmo wies ihn auf ein Kino names El Teatro Carlos Marx hin, das früher das Teatro Charlie Chaplin gewesen war - ein besseres Beispiel für sozialistischen Humor gab es kaum"), der Havana Yacht Club neben meiner ehemaligen Schule und die tolle Stimmung abends am Malecon. Nebenbei wird noch die aktuelle Haltung zu Russland, dem ehemaligen grossen Freund und heutigem verachteten Verwandten abgebildet - also lesen, wenn man in Havanna war und einen kurzweiligen Krimi lesen möchte.

Erstellt von tixus um 1:00 PM Kategorien: Buch

Dienstag, Januar 10, 2012

Inside WL

Ich lese die WL-Geschichte von Daniel Domscheit-Berg, dem deutschen "Pressesprecher" von WL. Das Buch ist im Wesentlichen eine Beschreibung der Beziehung von Daniel und Julian, dem Hacker alias Mendax aus Down Under. Für meinen Geschmack ist zu viel die Rede von Machtkämpfen, Animositäten, riesigen Egos und schlechten Klamotten und nur zögerliche Beschreibungen der Ziele, Herkunft und dem Wesen von WL: Er verweist häufiger auf die "juristischen Konstruktionen" oder die "Submission-Plattform" - mir hätte es da auch gerne konkreter sein können. Wenn die Plattform sicher ist, dann bedeutet auch die Veröffentlichung ihrer Funktionsweise keine Kompromitierung.

Überraschend war für mich, wieviele Enthüllungen WL bereits vor dem spektakulären "Collateral Murder"-Leak:

  • Kaupthing Bank Island
  • 9/11 Pagernachrichten
  • TollCollect-Verträge
  • Ritualhandbücher von amerikanischen Studentenverbindungen
  • Handbücher und Fortbildungsmaterial von Scientology

Eine schöne Leseliste hält das Buch bereit und somit Anstöße, sich mit neuen Gedanken zu befassen:

Und ein paar theoretische Unterbauten kommen wohl von Proudhon (Eigentum ist Diebstahl! in Was ist Eigentum?) und dem Anarchosyndikalisten Rudolf Rocker.

Es ist trotzdem lesenswert und spannend wie ein Agentthriller - der Spiegel siehts ähnlich.

Erstellt von tixus um 11:24 PM Kategorien: Buch

Montag, Januar 09, 2012

e-Books anybody?

Ich schmeiss mich weg: "IT'S A BOOK!"

 

Erstellt von tixus um 12:03 AM Kategorien: Buch

Sonntag, Dezember 25, 2011

Fear not

In 2 Tagen hechle ich durch Robert Harris neuen Streich "Angst" (The Fear Index) - Finanzmärkte, Hedging und Algorithmen-Trading - ein Stoff, der Andreas Eschbach sicher auch gut gepasst hätte. Kurz gesagt: Sehr spannend, leichter Hänger im Mittelteil, schlüpfrige Erklärung eines Hedge-Fonds ("Absichern"), furioses Ende und immer dicht an der Realität: Der 6.May 2010 an der NYSE dient als Beispiel.

Erstellt von tixus um 11:14 PM Kategorien: Buch

Sonntag, Dezember 11, 2011

Lesewoche in Ägypten

Wir tauchen ab in eine Liege-Lese-Woche in El-Gouna

   

Bücher:

Auch dieses Jahr schafft es Douglas Coupland in meinen Koffer: "Generation A" ist eine wilde Zukunftsstory - die Bienen sind fast ausgestorben, daher findet keine natürliche Bestäubung bei Bedecksamern mehr statt und typisches Obst wie Äpfel und Birnen sind Luxusgüter.


Am besten gefällt mir die ganze Hassschreibe:

Ich sah mich um, sah die Autos, die Starbucks-Cafes, die Schaufenster, die Menschen im mittleren Alter, die zufrieden und reich aussahen, und dachte: Ich hasse diese Welt.

Ich muss ihm beipflichten: Genauso ergeht es mir in der Mö; mit all diesen Holister-Abercrombie+Fitch+Hilfiger-Zombies, die mit Fantasie-Poloshirts durch die Gegend stratzen...

Dann hörte man einen schweren Wagen kommen ... Er war weiß, eins von diesen protzigen, scheußlichen Teilen, in denen verfettete Amis in ihren Wüsten herumfahren, um sich die Zeit bis zum Tod zu vertreiben.

Ich bin überzeugt, dass Amerikaner nur ein ausländisch klingendes Wort oder einen solchen Namen pro Jahr verarbeiten können. Beispiele aus der Vergangenheit sind Häagen-Dazs, Nadia Comaneci und Al Jazeera.

Das zweite Buch war wieder ein Eschbach: Er ist ein guter Erzähler, weil er es immer wieder Denkanstöße und Zweifel liefert: Wie schon in Ausgebrannt stellt er wissenschaftliche Erkenntnisse in Frage und argumentiert und mit Wahrscheinlichkeiten: Wenn alle bekannten fossilien Knochenfunde gerade mal auf die Ladefläche eines LKWs passen, wie können wir daraus schliessen, dass wir eine Menge über die Menschheitsgeschichte wissen? Was bleibt von früheren Zivilisationen übrig, was lässt sich aus den Resten schliessen, interpretieren und verstehen wir sie überhaupt richtig? Was wird jemand von einer modernen CD halten, deren Inhalt er nicht entschlüsseln kann? Wieviel unserer Bauwerke wie die St.Pauls Kathedrale, der monströse Burj Dubai oder der Kölner Dom werden noch vorhanden sein und gedeutet werden können?

Ebenso interessant ist die Feststellung, dass viele modere Dinge aus so vielen Halbzeugen bzw. Einzelteilen gefertigt werden, so dass ein Einzelner weder in der Lage ist, den kompletten Prozess zu überblicken geschweige denn das Endprodukt nachzubauen. Man bedenke, was an Teilen bereits nötig ist, um das Sonntagsbrötchen zu liefern: Ein Feld, ein Bauer, eine Mühle, Energie für den Ofen und Transport, Klärwerke fürs Wasser etc.

Es ist auch wieder eine Erzählung ohne Happy End - das ist nicht schlimm, aber die Auflösung enttäuscht wie in "Der Nobelpreis" und "Ausgebrannt". Leider bleibt ein Nachgeschmack, wenn der letzte Bissen bitter war... Den Helden mit seinem Dual-use-Wissen um die Nanotechnologie einfach sterben zu lassen ist zu einfach - ein anderer wird die Forschung mit den bereits bekannten Erkenntnissen fortsetzen, ohne die moralischen Bedenken.

Erstellt von tixus um 6:39 PM Kategorien: Buch

Mittwoch, Januar 26, 2011

Porsche

Suse liest Jonathan Troppers "Sieben verdammt lange Tage":

Porsche fahren ist wie ein Model ficken - es sieht besser aus als es sich anfühlt...

 

Erstellt von tixus um 12:25 PM Kategorien: Buch

Montag, Januar 10, 2011

Suter

Im letzten Jahr musste ich die Meinung zum neuen Suter noch zurückhalten, aber nun ist er raus und ich kanns nachholen:

Martin Suter "Allmen und die Libellen": Suse hat Recht, der Roman liest sich wie eine Resteverwertung vom "letztem Weynfeldt". Immer noch gut geschrieben und leicht verdaulich, aber am Ende ist man nicht richtig zufrieden: Zu kurz, zu wenige Wendungen und Überraschungen.

Dieses Buch nun jedoch zu einer Generalabrechnung mit Suter zu nutzen, wie es Ulrich Greiner in der Zeit tut, ist leider viel zu einfach und sehr ungerecht. Zum Glück gibt es berufene Erwiderungen.zur Ehrenrettung - wer mit Suter anfangen möchte, sollte sich "Sokolows Universum" oder "Lila, Lila" kaufen.

Erstellt von tixus um 3:36 PM Kategorien: Buch

Sonntag, Dezember 26, 2010

Thingama

Der Artikel ist schon etwas älter (ich arbeite alle meine (elektronischen/papiernen) Ablagen ab), aber sehr interessant und neu für mich: Thing Studies und Konsumismus

Bekanntlich machte nicht der Kapitalismus dem real existierenden Sozialismus den Garaus. Der Kapitalismus ist bloß eine Wirtschaftsform, keine Ideologie - der Sieger war der Konsumismus, mehr als eine Ideologie, eine Lebensform.

Es wäre also nützlich, sich die Dinge, die im Zentrum des Konsumismus als Lebensform stehen, unabhängig von den Vorgaben der Kulturkritik (die meist von Martin Heidegger stammen) anzuschauen. Und tatsächlich, in der angloamerikanischen Welt, die uns wieder einmal voraus ist, beschäftigt sich eine ganze Disziplin mit "Thing Studies" und "Material Culture Studies".
Ihr Meister ist gewiss Daniel Miller, britischer Anthropologe, Jahrgang 1954, der schon 1998 eine "Theory of Shopping" veröffentlicht hat. Das von ihm nun auf Deutsch erschienene Buch "Der Trost der Dinge" zeichnet 15 Porträts ... - wobei eine von Daniel Millers wiederkehrende Pointe ist, dass der Konsum, anders als die Kulturkritik es will, den Konsumenten nicht einsam macht (mit der Bierflasche vor dem Fernseher verdämmern), nein, die Dinge vergesellschaften die Leute.

... dass das Angebot strikt genormt ist, störte den Literaturprofessor; der Gedanke taucht ebenso bei dem oben zitierten Philosophieprofessor, Konrad Paul Liessmann, auf: Es handelt sich allerdings um ein kulturkritisches Klischee. Schaut man wie Daniel Miller den Leuten wirklich zu, erweist sich der Konsum als hoch individualisierte Praxis. Es ist wie mit dem Lesen: Jeder liest sein eigenes Buch.

"Unser Hang zum Materialismus verschuldet sich zu großen Teilen dem paradoxen Bedürfnis, die Fluidität des Bewusstseins in die Solidität der Dinge umzuwandeln", heißt es in einem Sammelband mit ausgewählten amerikanischen Thing Studies, das Korsett, die Nähmaschine, Tupperware, der Fernseher.

Daniel Miller: "Der Trost der Dinge. Fünfzehn Porträts aus dem London von heute". Suhrkamp, Berlin 2010. 230 Seiten, 15 Euro
Anke Ortlepp/ Christoph Ribbat (Hg.): "Mit den Dingen leben. Zur Geschichte der Alltagsgegenstände". Franz Steiner, Stuttgart 2010. 339 Seiten, 26,90 Euro
Konrad Paul Liessmann: "Das Universum der Dinge. Zur Ästhetik des Alltäglichen". Paul Zsolnay, Wien 2010. 208 Seiten, 17,90 Euro

Erstellt von tixus um 2:55 AM Kategorien: Buch, Gesellschaft

Freitag, November 19, 2010

Urlaubslektüre

Ich schaffe 5 Bücher auf der Sonnenliege.

Paul Nolte "Riskante Moderne": Ein ganz unglaubliches Sachbuch - trotz keineswegs leichtem Inhalt und Formulierungen aus der Soziologie liest es sich flüssig und äusserst unterhaltsam. Enorm viel Futter für den Geist und häufiger habe ich das Gefühl, das hier jemand genau formuliert und aufgeschriebene hat, was an Gedanken, Ahnungen und auch Vorurteilen in mir herumschwirrt. Er analysiert das Grundgefühl, dass ich schon länger habe: Risiko, Leben, Unsicherheit, Existenzsorgen, obwohl keine vordergründigen Nöte da sind. Aber ich frage mit oder der Armutsdebatte, dokumentierte Ausbildungsunfähigkeit und Hartz IV ob ich in einem besonderen Raumschiff kreise, mit meinen Peers: Freie Wahl des Berufs und Arbeitsplatzes, Urlaube, Eigenheimplanungen, Luxusartikel. Alles steht uns offen, wenn auch nicht unbedingt der Vorstandsposten (obwohl ich es 1-2 noch zutraue) oder ein Torerfolg in der Bundesliga. Nur man fragt sich, ob das alles echt und von Dauer ist, wenn drumherum Menschen in Job- und Geldnot versinken. Die rausgeschriebenen Zitate und Gedanken folgen noch.

Douglas Coupland "Eleanor Rigby": Ein warmherziges, anrührendes und zugleich sehr lustiges Buch über "Elizabeth „Liz“ Dunn, 36, übergewichtig und einsam". Ihr wohlgeordnetes, langweiliges Leben erlebt einen heftigen Windstoss als der 20-jährige Jeremy sich als ihr Sohn vorstellt. Er verstirbt kurz darauf an Multipler Sklerose. Die Zeit dazwischen nutzen Mutter und Sohn für intensive Zweisamkeit und die Entdeckung ihrer Eigenheiten. Nachfolgend einige Zitate ohne Ordnung:
Letztlich neigen Menschen, denen das Augenlicht geschenkt wird, dazu, sich in ihre eigene Welt zurückzuziehen. Manche betteln sogar darum, wieder blind zu werden, doch wenn sie es sich dann genau überlegen, werden sie unsicher un stellen fest, dass sie doch nicht mehr auf ihre Sehkraft verzichten können. Besser miese Bilder als gar keine Visionen.
Die Liz Dunns dieser Welt heiraten, und legen sie sich dreiundzwanzig Monate nach der Hochzeit und der Geburt ihres ersten Kindes eine vernünftige, pflegeleichte Frisur zu...
Wenn ich zwanzig Jahre in der Zeit zurückreisen und meinem jüngeren Ich einen einzigen Rat geben könnte, dann würde er lauten: "Mach dir nicht so verdammt viele Sorgen."
Leslie drehte eine Pirouette auf meinem Teppich. Neben ihrer Schönheit wirke ich wirklich wie ein genetischer Witz. Als wir noch klein waren, waren wir davon überzeugt, dass wir keine leiblichen Schwestern sein konnten.
Am nächsten Tag war im Büro Legerer Freitag, ein abscheulicher Brauch, bei dem sich die Männer wie Teenager kleiden dürfen und die Frauen wie Schlampen.
Es ist ziemlich aussergewöhnlich. Es gibt auch einen Namen dafür: Melodioanagrammatizismus. - Du wusstest nicht, dass dein Sohn rückwärts singen kann? - Lange Geschichte.
Sie wird ausrasten. Und das tat sie. Es war eine hässliche Szene. Wenn man einmal miterlebt hat, wie jemand durchdreht, kann man ihn nie wieder so sehen wie vorher.
Nur Versager fällen Entscheidungen, wenn die Dinge schlecht stehen. Sein Leben umstrukturieren sollten man dann, wenn scheinbar alles glatt läuft. Nutze die kurzen Ruhephasen, um dich auf die nächste Ebene zu hieven.
Es ist schön, einmal die Stadt zu sehen, in der das Unterbewusstsein erfunden wurde. Woher wissen wir denn, dass unsere Persönlichkeit nicht aus fünf oder sechs verborgenen Schichten besteht? - Ich tippe auf vier. - Das öffentliche Ich, das private Ich und das geheime Ich. - Das sind nur drei. - Das vierte ist das dunkle Ich - das, das am Steuer sitzt, das im Besitz der Landkarte ist, das habgierig, vertrauensselig, oder voller Hass ist.
Sind Sie gegen irgendwas allergisch? Nein. Aber ich habe Probleme mit Fleisch, dessen Bezeichnung für die Funktion steht, die es mal hatte, bevor es zu Fleisch wurde. Zum Beispiel Leber. Oder Niere. - Hi, bevor ich mit Zwiebeln sautiert wurde, habe ich mein Leben damit verbracht, Verunreinigungen aus dem Blut einer Kuh zu filtern.
Mutter kaufte einen Sarg, der aussah wie der letzte Wunsch eines sterbenden Zuhälters: ein Ungetüm in Rotbraunmetallic mit Zierleisten aus Eiche, einen Kühlergrill aus Chrom, Lederverkleidung und einer Kühlerfigur.

Truman Capote "Sommerdiebe": Sein erster Roman, im Nachlass entdeckt und leicht geschrieben, mit gar nicht so leichtem Inhalt: NY-Grossstadt und tragische Sommerliebe in der hitzigen Metropole.

Tom Rachmann "Die Unperfekten": Ein vielgelobtes Debut und so frisch, dass gerade die Rezensionssperrzeit abgelaufen ist. Kurz gesagt ist es für mich kein Buch für die Sonnenliege. Ätzende Geschichten mit durchweg tragischen Figuren, die nicht "nicht perfekt" sondern ganz schön defekt sind. Kein Kapitel endet "happy", das ist erstmal nicht schlimm, aber es gibt so viele faule Kompromisse und unerträgliche Beziehungen... Das Buch lässt den Leser auf keinen Fall kalt, und das ist ja auch schon eine gute Emotion.

Das fünfte Buch ist noch nicht erschienen und ich will die beste Ehefrau von allen ja nicht um ihren Job bringen, wenn ich vor der Sperrfrist darüber schreiben würde.

Erstellt von tixus um 1:46 PM Kategorien: Buch

Sonntag, August 29, 2010

Taxi/Zwo-Doppel-Vier

(Burkhard Neie/FAZ) Ich höre die sehr lustige Vertonung von Karen Duves "Taxi" - Notizen einer Taxifahrerin in den Nächten auf den Straßen Hamburgs: Vom Funny-Club am Siemersplatz ("Funny-Club für Natasha") über den Goldenen Handschuh ("Wenn man sich garantiert brügeln will") bis zum Imbiss Kosovo ("Höchste Dichte an Schwerverbrechern")

1984 war es in Stellenanzeigen noch nicht üblich, jedem Beruf auch noch eine weibliche Endung anzufügen. Man tat es nur, wenn man andeuten wollte, dass man praktisch jeden nahm.

Und dann waren fünf Jahre um, und ich fuhr immer noch Taxi. Zur Reeperbahn. Zum Flughafen. Zum Mittelweg.

Erstellt von tixus um 11:33 PM Kategorien: Buch

Dienstag, August 03, 2010

Machmichreich

Ein interessantes Interview und ein hoffentlich lehrreiches Buch (mirror)- (nebenbei mal wieder Riesenkompliment an diese Hamburger Bücherhallen - das gibt es sogar als eBook unkompliziert zu leihen - tolltolltoll!)

Erstellt von tixus um 8:43 PM Kategorien: Buch

Dienstag, Mai 18, 2010

König für Deutschland

Nach dem enttäuschenden "Nobelpreis" legt Andreas Eschbach mit "Ein König für Deutschland" eine schöne Geschichte nach: Die von Ulrich Noethen gelesene Hörbuchfassung ist atmosphärisch und mit gut unterscheidbaren Charakteren entsteht eine plastische Vorstellung. Die „Vereinigung zur Wiedereinführung der Monarchie“ ist eine gut gemachte Übertreibung zur Darstellung der Kritik an Wahlcomputern : "Jeder Computer ist dafür gebaut, Daten zu manipulieren." Und auch der hübsche Slogan "Wir wissen zu viel über Computer, um ihnen die letzten Reste der Demokratie anzuvertrauen" des CCCs zeigt die Gefahren auf. Auch wenn der Roman am Ende vielleicht nicht befriedigend das "Wie" aufgeklärt, ist er ein gutes Stück Aufklärung verpackt in lesbare (hörbare) Literatur.

Erstellt von tixus um 9:52 PM Kategorien: Buch, Musik

Samstag, Mai 08, 2010

Wochenendtazzen

An Zeitungslektüre ist doch immer wieder erfrischend, Denkanstöße aus anderen Bereichen als der eigenen täglichen Arbeit zu bekommen:

Ein Buch des Politologen Samuel Salzborn (mirror) wird vorgestellt und der Artikel zeigt schon viele interessante Deutungsmustern zum Antisemitismus:

"ANTISEMITISMUS Der Politologe Samuel Salzborn verknüpft in "Antisemitismus als negative Leitidee der Moderne" wissenschaftliche Theorie und Empirie"
Der Autor beansprucht, eine Lücke zu füllen. Er beklagt, dass keine akademische Studie existiere, die die abstrakten Theorien über Antisemitismus mit empirischen Erkenntnissen aus Umfragen, Interviews oder sozialwissenschaftlichen Studien verbinde. ...Diese Studien seien nicht ausreichend theoriegeleitet, so werde der Antisemitismus zu einem Vorurteil unter anderen.... Salzborn hingegen versteht den Antisemitismus als "negative Leitidee der Moderne" und geht mit der Kritischen Theorie davon aus, dass die moderne Form der Judenfeindschaft integral zur bürgerlichen Gesellschaft gehört, deren Produkt und zugleich ihre Negation ist.
Am Beispiel von Jürgen Möllemann und Martin Walser erläutert Salzborn die charakteristischen Elemente des sekundären Antisemitismus: Die Juden würden für die Folgen der Schoah verantwortlich gemacht und störten das Bedürfnis nach nationaler Identität, da ihre bloße Existenz an die Verbrechen der Deutschen gemahne. Zur Selbstentlastung würde das Handeln von Juden mit dem der Nazis verglichen. Eine große jüdische Macht werde imaginiert, die bewusst die Schoah nutze, um daraus Kapital zu schlagen. Der jüdische Staat Israel fungiere immer häufiger als "Kollektivjude". In einem abschließenden Kapitel erläutert Salzborn, dass der Kern des Antisemitismus ein psychologisch zu begreifendes Phänomen, ein unbewältigter Triebkonflikt sei, in dem die Juden als Projektionsfläche für Aggressionen dienten. Dies führe zu
einer manichäischen Weltsicht, die jede Realitätsprüfung vermeide.

Ein anderer Artikel beleuchtet die polnische Welt- und Eigensicht im Anblick der Katastrophe bei Smolensk:

Als der verunglückte polnische Präsident am vergangenen Sonntag im nationalmythischen Heiligtum Wawel unter Anteilnahme der gesamten Weltöffentlichkeit beerdigt wurde, hatte das für mein Land eine fatale Symbolkraft....Die trotzige Verknüpfung alles Weltgeschehens mit den Deutungsmustern, die die polnische Nationalmythologie vorzeichnet, erscheint seither erst recht als der Königsweg für Polen. ... Dass im Laufe der vergangenen Woche zunächst einmal irgendwie Smolensk zu Katyn und Katyn zu Smolensk wurde, haben polnische Diplomaten und Korrespondenten ... vor allem mit Hinweis auf das polnische "Märtyrertum" verständlich zu machen versucht... Im 18. Jahrhundert wurde Polen geteilt, getilgt und ausgelöscht durch die angrenzenden Mächte; der letzte König von Polen, Stanislaw August Poniatowski, starb in russischer Gefangenschaft. ...Entscheidend für das Verständnis der aktuellen Vorgänge ist allerdings, wie dieses nationale Leid und Unglück in der Folge verarbeitet und wie es für die Polen sinnhaft wurde....Entscheidend sind hier die Mythen der polnischen Romantik, allen voran der des polnischen Messianismus. ... "Nationalpropheten" : Adam Mickiewicz (1798-1855) und Juliusz Slowacki (1809-1849) ... Kurz gesagt, funktioniert der polnische Messianismus also so: Polen nahm durch seinen Untergang im 18. Jahrhundert das Leid aller Nationen auf sich, so wie der Messias es für alle Menschen getan hat, um sie zu erlösen....Man ahnt nun auch schon, wie die stets gleiche poleneigene Transformation von Sinnlosigkeit in Sinn auch im vorliegenden Fall wieder griff: Lech Kaczynskis Unfalltod wurde nicht nur zu einem Märtyreropfer, er öffnete zudem, ganz messianisch, "der Freiheit eine Gasse". Die Russen trauern endlich, Katyn und das Leid Polens überhaupt wird in die Erinnerung der ganzen Welt zurückgerufen - es war eine Heldentat.

Erstellt von tixus um 7:06 PM Kategorien: Buch

Dienstag, Februar 09, 2010

Verbrechen

Ein Buch über "Verbrechen". Mit Sympathie für die Mandanten aber auch lakonischer Distanz, ohne Wertung. Es ist anders als Krimis, denn einige der kurzen Geschichten finden keinen Abschluss: Der Mörder unbekannt und frei, das Verbrechen nicht gesühnt.

Einen schöner Einblick und eine schöne Webseite befinden sich unter zehnseiten.de :

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Von Schirach vermittelt nebenbei Einblicke in das Prinzip des Rechtsstaats und der modernen Strafprozessordnung.

Meineid: Die letzte Reform der Strafprozessordnung hat den Eid als obligatorische Beteuerung einer Aussage im Strafprozess abgeschafft. Wir glauben schon lange nicht mehr daran. Wenn ein Zeuge lügt, lügt er eben - kein Richter denkt ernsthaft, das würde sich durch einen Eid ändern lassen.

Notwehr-Exzess: Die Notwehrsituation ist offensichtlich. Wenn jemand bedroht wird, darf er sich wehren. Er darf sich so wehren, dass der Angriff endgültig beendet wird ... und man ist nicht in der Wahl der Mittel beschränkt: Gegen einen Faustschlag darf man einen Knüppel, gegen ein Messer eine Pistole einsetzen, man muss nicht das mildeste Mittel wählen. Aber: Dem Gegner, den man bereits kampfunfähig geschossen hat, darf man nicht noch den Kopf abschlagen.

Ein Anwalt will nicht immer wissen, was wirklich passiert ist. Das hat auch seinen Grund in der StPO: Wenn der Verteidiger weiss, dass der Mandant in Berlin getötet hat, darf er keine "Entlastungszeuge" hören, die sagen, dass er in München war.

Unser Strafrecht ist Schuldstrafrecht. Wir strafen nach der Schuld, wir fragen, in welchem Maß wir den Täter verantwortlich machen können. Das ist kompliziert. Im Mittelalter war es einfacher, man bestrafte nur nach der Tat: Einem Dieb wurde die Hand abgehackt. Und zwar immer.

Staatsanwaltschaft: Anders als in Amerika und England ist sie in Deutschland keine Partei, sonder verhält sich neutral. Sie ist objektiv, sie ermittelt auch entlastende Umstände.

Wird Anklage erhoben, muss das Gericht entscheiden, ob sie zur Verhandlung zugelassen wird. Der Richter eröffnet das Verfahren, wenn er eine Verurteilung für wahrscheinlicher als einen Freispruch hält.

Und noch medizinische Einblicke:

Karotissinusreflex: Eine Geschichte beschreibt einen mutmaßlichen Profikiller, der in Notwehr seinen Gegner mit einem Schlag auf den Karotissinus tötet. Der Schlag löst einen Reflextod aus.

Erstellt von tixus um 10:36 PM Kategorien: Buch

Samstag, Oktober 17, 2009

taz-Wochenend-Blog

taz-Nachlese

Nicht nur weil wir gerade wieder auf dem Weg in ein islamisch geprägtes Land sind, ist dieser Artikel und die besprochenen Bücher interessant (mirror), sondern er zeigt auf, das der Islam keine stromlinienförmige und von wenigen Geistlichen gelehrte und geführte Religion wie zum Beispiel der Katholizismus ist.

Die Muftis und die Moderne

ISLAMISCHES RECHT Steinigung und Ehrenmord - ist das alles? Allah bewahre! Zwei Überblicksdarstellungen zeigen das weite Spektrum islamischer Rechtsauffassungen

Mit Nachdruck hingewiesen wird vor allem auf die in Saudi-Arabien, Sudan und anderen islamischen Staaten vollstreckten drakonischen Körperstrafen und die Ungleichbehandlung der Geschlechter. All dies sei mit den freiheitlichen Normen eines säkularen Verfassungsstaates unvereinbar und deshalb hätten die westeuropäischen Zuwanderungsgesellschaften mit Teilen der wachsenden muslimischen Bevölkerungsgruppe ein ernstzunehmendes Problem.

Gegen diese einseitige und letztlich verzerrende Darstellung des islamischen Rechts wendet sich das neue Buch des Erlanger Islamwissenschaftlers und Juristen Mathias Rohe. "Das islamische Recht. Geschichte und Gegenwart" zeigt auf über 600 Seiten, dass es das eine islamische Recht zu keinem Zeitpunkt gegeben hat.

Mathias Rohe: "Das islamische Recht - Geschichte und Gegenwart"/Lukas Wick: "Islam und Verfassungsstaat. Theologische Versöhnung mit der politischen Moderne?"

Dann ein Artikel zu Vorurteilen (auch bei mir!) und wie Statistik unser Leben ruinieren kann ;-): (mirror)

Das überschätzte Gewicht KÖRPERBILDER
"Dick sein" wird negativ bewertet - warum eigentlich? Eine Initiative und ein neues Buch kämpfen gegen die Semiotik der angeblich "ungesunden", "doofen" und "undisziplinierten" Dicken

Am Unglaublichsten finde ich die Entstehung des BMI:

Doch aus den USA trat in den 90er-Jahren der Body Mass Index (BMI) auf den Plan. Bei dieser Formel multipliziert man die Körpergröße in Metern mit sich selbst. Dann teilt man das Gewicht durch diesen Wert. Eine Expertengruppe der Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf legte 1997 fest, dass ein Mensch mit einem BMI größer als 25 als "übergewichtig" und größer als 30 als "adipös", also fettleibig, zu gelten habe. Dies war eine statistische Festlegung ohne fundierte medizinische Begründung.

Die Beispiele zeigen schon, dass da etwas nicht stimmen kann:

Der BMI ist dabei ungenau, denn auch ein gut trainierter Mensch wie Brad Pitt hat einen "übergewichtigen" BMI, weil Muskeln schwerer sind als Fett. Außerdem steigt der BMI mit dem Alter und das ist nun mal keine Krankheit.

Zu den Vorurteilen:

Frauen und Männer aus den unteren sozialen Schichten essen beinahe genauso viel Obst wie Frauen und Männer aus der Oberschicht. Es kann also auch an den stressigen Lebensbedingungen, den niedrigen Preisen für kalorienreiche Lebensmittel und vielleicht auch der Verweigerung gegenüber bürgerlichen Körpernormen liegen, dass ärmere Menschen im Schnitt dicker sind.

Also stimmt es schon, dass ärme Menschen "im Schnitt" dicker sind. Die angeführten Gründe könnte man jedoch auch dem Kreislauf "weniger Bildung->weniger Einkommen->billigere Lebenmittel und schlechtere Wohnverhältnisse->mehr Stress" zuschreiben

Zuletzt noch etwas aus dem Nahen Osten (mirror): Dazu hatte ich mal auf einen Bildband verwiesen.

"Ich werde nicht den Mund halten" ENTSCHLOSSENHEIT Omer Goldmann hat in Israel den Kriegsdienst verweigert. Dafür kam sie ins Gefängnis. Sie wehrt sich gegen die Militarisierung der israelischen Gesellschaft.

Mich hat nicht so sehr der Militärdienst oder dessen Ablehnung interessiert, sondern analog zur DDR die Erkenntnis, das selbst jahrelange Indoktrinierung in Schule, Pioniergruppen oder Betrieb nicht wirken müssen:

Wo erleben Sie denn das Militärische in der Gesellschaft? Die Armee ist allgegenwärtig. Unsere Schulbücher sind voller Erklärungen, warum es wichtig ist, dass wir uns verteidigen. Dahinter steckt immer das Bild von einem Feind. Universelle Werte wie Solidarität, Frieden, Humanität, Geduld anderen Kulturen gegenüber, die gehen dabei verloren. Der Protest unserer Organisation richtet sich nicht gegen die Armee, sondern gegen die israelische Regierung... Dass man für zivilen Ungehorsam ins Gefängnis kommt, ist zutiefst inhuman. Es ist in Israel wirklich ganz normal, dass man zur Armee geht. Soldat sein, das ist wie atmen, wie essen, wie lernen.

Aber verständlich wird auch, dass sich eine Vielzahl Jugendlicher in ihr eigenes Leben zurückzieht:

Begehren viele junge Leute auf so wie Sie? Ich empfinde die meisten jungen Leute als abgestumpft. Es interessiert sie nicht, was in den besetzten Gebieten passiert. Es interessiert sie nicht, dass es in Israel Armut gibt. Davon erfahren sie nichts. Kritisches Denken wird nicht unterrichtet.

Machen die sich wirklich keine Gedanken um solche Themen? Kommen Sie, gucken Sie es sich an. Die wenigsten in Israel stört der militärische Mythos. Niemand nimmt im öffentlichen Leben Anstoß daran, dass überall Soldaten mit M 16-Gewehren rumlaufen. In jedem Zug, an jeder Straßenecke. Eine M 16, verstehen Sie, ist ein ganz normaler Gegenstand. Es ist normal für Leute, neben einer M 16 zu schlafen. Sie akzeptieren das. Viele, die das nicht ertragen, die das System kritisieren und Widerstand leisten, geben auf. Sie gehen dahin, wo die Gesellschaft nicht so brutalisiert ist. In Berlin etwa, da leben viele junge Israelis.

Das haben wir auch erlebt, auf Massada oder unterwegs hat bei einer Gruppe immer jemand ein Sturmgewehr über der Schulter; das erzeugt auf keine Fall eine friedliche, entspannte Stimmung.
Am beeindruckendsten finde ich die Schlußsätze von Omer: Sie beschreiben eine heute so utopische Normalität im Nahen Osten, die wir hoffentlich noch erleben:

Aber Israel ist mir wichtig. Ich will Einfluss auf die Gesellschaft nehmen. Das ist mein Weg und den gehe ich. Deshalb muss ich dort leben. Urlaub mache ich gern außerhalb. Ich ginge, wenn es ginge, gern auf Partys in Beirut, ich würde gern Schnee in Syrien sehen.

Erstellt von tixus um 4:12 PM Kategorien: Buch, Gesellschaft

Samstag, Oktober 10, 2009

Mathe und Wahrscheinlichkeiten

Das Buch "Keith Devlin: Pascal, Fermat und die Berechnung des Glücks. Eine Reise in die Geschichte der Mathematik" zur Mathematikgeschichte und dem komischen Umgang mit falschen Erwartungen wird in der Süddeutschen besprochen. (mirror)

Erstellt von tixus um 7:56 PM Kategorien: Buch

Samstag, September 05, 2009

Empörung

Ich beendete Philip Roths neuestes Werk "Empörung". Ein ungewöhnlicher Roman, der viel von der engen Zeit um 1950 erzählt, einiges aus dem jüdischen Leben und seinen Bräuchen darstellt, aber auch ganz vehement die Freitheit des Glaubens verteidigt und die Sinnlosigkeit des Krieges und die Macht der Ideologie darstellt, hier am Beispiel Korea und Kommunismus. Leicht zu hören und hervorragend vorgetragen von Joachim Schönfeld.

Erstellt von tixus um 6:49 PM Kategorien: Buch

Freitag, Mai 01, 2009

Ebooks sind zu teuer

Warum ist ein Ebook so teuer wie die gebundene Ausgabe, wenn es bereits eine Taschenbuchausgabe gibt. Wird wieder der Fehler gemacht, den Durchbruch einer Technik durch teuere Randbedingungen zu verhindern bzw. zu verzögern? Beim Internet-Zugang hat es auch Jahre gedauert, bis Flatrate etc. normal waren, während die Amis schon längst kostenlose Zugänge hatten. So haben wir Ebook-Reader entschieden, zumindest solange, bis die Preise runter! sind.

Bedenkens- und lobenswert finde ich Oaarnies Vorschlag. So würde sich evlt. auch die Vielfalt bzw. der Wildwuchs und die Schnelllebigkeit auf dem Schulbuchmarkt besser handhaben lassen. Auch stehen die Bücher dann für alle immer zur Verfügung und nicht nur ein Klassensatz.

Kalifornien setzt auf E-Bücher in Schulen

Hasta la Vista, Bücher!
Der von Budgetnöten geplagte kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger will Lehrbücher an den Schulen seines Bundesstaats abschaffen und durch E-Bücher ersetzen. Herkömmliche Schulbücher seien "veraltet, schwer und teuer", schrieb Schwarzenegger.

Erstellt von tixus um 6:22 PM Kategorien: Buch

Sonntag, April 26, 2009

Ebook-Reader

Suse bringt einen Sony PRS 505 mit und wir testen ihn: Der erste Eindruck ist schwer (450g), aber edles und robustes Metall-Gehäuse - gut. Gelernte Ossi werden sich erinnert fühlen: Ja so sahen die Zeugnisse früher aus. Aber keine Angst mehr, die Hülle gibt's auch in Schwarz. Dann erstmal leichter Abschwung - der Akku ist leer, das Netzteil ist nicht dabei und selbst der USB-Anschluss an den Rechner bringt keine Reaktion, hmm. Dann kurz auf die gute Hilfe-Seite geschaut und da findet sich dann dieser Hinweis:

Sollte der Akku vollständig entleert sein, laden Sie den Akku wieder komplett auf, indem Sie den Reader mit einem USB-Anschluss eines Computers verbinden. Wenn der Akku vollständig entladen ist, kann es sein, dass der Ladevorgang am Reader zunächst nicht angezeigt wird und dieser sich nicht einschalten lässt. Lassen Sie den Reader am USB-Anschluss des Computers angeschlossen. Es kann bis zu 40 Minuten dauern, bis der Akku so weit aufgeladen ist, dass er den Ladevorgang auf dem Reader anzeigen kann.

So isses dann auch und danach ist die s/w-Darstellung sehr gut, auf dem Balkon und in der Sonne: Knackige Schrift, gutes Blättern mit Daumen oder Zeigefinger. Das eigentlich langsame Umblättern ist beim vertieften Lesen kein Problem, 3 Zoomstufen und eine Cursor-Wippe für die Navigation innerhalb von Inhaltsverzeichnissen reichen zur Bedienung. PDFs und andere eBooks lassen sich gut formatiert anzeigen und lesen.Lesezeichen lassen sich jederzeit anlegen (lustig, es wird ein Eselsohr gemacht) Ein MP3-Player ist auch an Bord, guter Sound und Standard-Bedienung, ob und wie Playlisten etc. unterstützt sind, hab ich nicht probiert. Und die Musik läuft im Hintergrund weiter, man kann also zu Klassik die Umgebung ausblenden und lesen, lesen, lesen. Man muss mal sehen, wie das Buchangebot sein wird (Preis und Auswahl). Google Books gibt es schon , und ein Nachfolger mit Gestensteuerung und LED-Backlight ist in Sicht.

Erstellt von tixus um 12:11 AM Kategorien: Buch, Software + Java

Mittwoch, Februar 11, 2009

Kehlmann und ich

Wenn einem so viel Gutes widerfährt: Ich treffe mich mal wieder mit Harald und dann kommt zufällig der Herr Wiech vorbei und hat noch spontan eine Karte für die Kehlmann-Lesung im Schauspielhaus über - und ich darf mit! Aber: Kehlmann und ich: Irgendwie wird das nicht besser: Die erste Geschichte mit Leo war lahm (Christian Kracht hat reisende, goetheinstitut-beglückende Schriftsteller besser im "Gelben Bleistift" beschrieben), die zweite mit Schauspieler-Imitation war besser, doch der abschliessende Text hat mit viel Geschwindigkeit und Rhythmus und Anglismen am besten gefallen, wenn auch mit der bekannten Aussage, das die Leute mit den meisten Anglismen nicht unbedingt auch am besten Englisch reden können. Anregend ist auch die "Schnipseljagd" durch die 9 Geschichten des Romans - Querverweise, Verbindungen zwischen Figuren und Orten sorgen für Wiedererkennungseffekt.

Nachtrag zur "Vermessung der Welt": Einem Bestseller-Autor seinen Erfolg vorzuwerfen, hat immer was von Spielverderbern, aber man darf schon empfinden "Hmm, das Buch war nett, aber warum zieht es soo viele Leute an??" Zum Glück bin ich mit dieser Frage und Meinung nicht allein:

Meinung 1

Die Begleitgeschichten (z.B. von Herrn Bonpland) muss man recherchieren, es geht nicht hervor, was Geschichte ist und was Fiktion. Alles in Allem ein angenehm zu lesendes Werk, bringt etwas Licht in das Leben der beiden Gestalten, aber mit der überschwenglichen Beweihräucherung der Klappentexte ... bin ich nicht einverstanden.

Meinung 2

Leider kommt man beim Lesen den zwei Hauptdarstellern überhaupt nicht näher, sie werden noch nicht mal sympathisch! Mag ja sein, daß sie so waren, aber kennen lernen möchte ich sie nicht. Deshalb hat mich dieses hochgelobte Werk beim besten Willen nicht vom Hocker gerissen.

Erstellt von tixus um 12:01 AM Kategorien: Buch

Sonntag, November 23, 2008

Tellkamp

Ich raffe mich mal wieder zu einer Lesung auf und es lohnt sich: Bachmann-Johson-Dt-Buchpreis-Gewinner Uwe Tellkamp.

Zum Einen ist er ein guter Vorleser (sowas ist bei Autoren ja nicht selbstverständlich): Anfangs erinnert er mich an den Henry-Maske-NVA-Tonfall, aber dann schafft er es, den Buchstaben noch etwas hinzuzufügen: Er liest einzelne Passagen mit dem Akzent der Figuren (sächselnd halt) und bringt die Stimmung gut zum Ausdruck.

Zum Anderen kann er die DDR differenzierter darstellen als alle anderen öffentlichen Diskussionen, die ich dazu gesehen habe: Er räumt ganz schnell mit liebgewonnenen, aber falschen Erinnerungen auf: Es war keine Nestwärme oder viel menschlicher in der DDR, sondern vielmehr eine "Notwärme", erzwungen durch vielfältigen Mangel und Beziehungswirtschaft - nach der Wende haben sich die Menschen schliesslich nicht per se verändert oder sind plötzlich andere, nur der früher notwendige Zusammenhalt war nicht mehr nötig und ist dann auch schnell weggebrochen. Eine zweite Sache war noch beeindruckender: Positive Seiten darstellen ohne die damit verbundenen negativen Ursachen zu übersehen oder auszublenden, wie es sonst gern bei sog. DDR-Errungenschaften geschieht: Er sagt, dass die DDR-Mediziner-Ausbildung viel besser war: Von der Pike auf haben bereits 14-Jährige Praktika in Krankenhäusern gemacht, den Boden gewischt, Kompressen angelegt. Heute kann es passieren, dass Medizin-Studenten nach etlichen Semestern das erste Mal eine Leiche oder Blut oder einen Patienten sehen und erst dann merken, dass das ja wohl nichts für sie ist. Demgegenüber steht aber natürlich eine viel freiere, individuelle Lebensgestaltung, bei der nicht schon sehr früh und unwiderruflich bestimmte Berufswünsche oder Zukunftspläne unmöglich gemacht werden. Was dem Staat mit seiner teueren Ausbildung nützt und an die viele Regeln und Vorleistungen gebunden waren, ist für den Einzelnen häufig zu eng oder macht ihn unglücklich. Allgemein war das Leben in der DDR viel linearer, fast statisch: Wenig Mobilität und wenige Berufswechsel.

Dann wird er noch vom Moderator gefragt, welche Frage er nicht gestellt bekommen möchte: "Die nach dem autobiografischen Hintergrund" - Trotzdem kommt er nicht drumherum, viel aus dem Umfeld und dem Leben auf dem Weißen Hirsch zu erzählen und eine interessante Frage zu beantworten: Was schreiben Sie, wenn die eigene Vergangenheit aufgebraucht ist?

Erstellt von tixus um 3:22 PM Kategorien: Buch

Polymorph pervers

Sven Regener liest aus seinem 3.Teil: Am Stehpult, mit Becks-Flasche, gestenreich - immer wieder toll, wie ein Mensch nur mit Worten ein ganzes Theater begeistern kann!

Zum Titel: Zum einen will ich mal wieder reisserischere Überschriften anbieten, zum anderen kann man sich bei Interesse mal wieder im Web verlieren und weiterbilden. Erst mal hier lesen

Die polymorph perverse Anlage

Laut Freud bringt das Kind so genannte "polymorph perverse" Anlagen mit auf die Welt, die sich bei Durchbrüchen der sexuellen Latenzperiode in vielfältigen Paraphilien manifestieren können. Das vorpubertäre Kind neigt gegenüber dem Erwachsenen verstärkt zu Paraphilien, da seine seelischen Dämme gegen diese - Scham, Ekel und Moral - je nach Alter erst in der Bildung begriffen sind. Nach Freud besitzen paraphile Erwachsene somit eine Sexualität, die in ihrer Entwicklung gehemmt wurde und auf einer kindlichen Stufe stehengeblieben ist.
Zu den in der Kindheit ausgelösten Paraphilien zählen unter anderem die folgenden sexuellen Neigungen:

  • Fokussierung auf nichtgenitale Körperteile oder auf Objekte, siehe auch Fetischismus
  • Exhibitionismus
  • Voyeurismus
  • Sadomasochismus

und dann weiter zu:

Die Paraphilien (griechisch παραφιλία, von pará, „abseits“, „neben“, und philía, „Freundschaft“, „Liebe“) sind eine Gruppe psychischer Störungen, die sich als ausgeprägte und wiederkehrende, von der empirischen „Norm“ abweichende, sexuell erregende Phantasien, dranghafte sexuelle Bedürfnisse oder Verhaltensweisen äußern, die sich auf unbelebte Objekte, Schmerz, Demütigung oder nicht einverständnisfähige Personen wie Kinder beziehen und in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigung bei der betroffenen Person oder ihren Opfern hervorrufen. Was die Paraphilien zu psychischen Störungen und nicht einfach zu extravaganten Vorlieben macht, ist, dass Menschen, die von einer Paraphilie betroffen sind, ausschließlich im Kontext mit ungewöhnlichen Praktiken, bizarren Phantasien oder spezifischen Objekten sexuelle Erregung erleben können.

und dann noch hier:

Problematisches Sexualverhalten

Diese Neuorientierung wurde durch die psycho-analytische Theorie Freuds geliefert. Freud bezeichnete die sexuellen Perversionen als Folge einer „fixierten" oder gehemmten „psycho-sexuellen Entwicklung". Das heißt, er ging davon aus, dass jedes Kind mit einem starken sexuellen Trieb geboren wird, der jedoch noch nicht seinen rechten Ausdruck finden kann. Statt dessen ist das Kind „polymorph pervers", das heißt „pervers" in vielfältigen Formen und verschiedenen Stadien. Reife Sexualität ist nach Freud das Ergebnis eines komplexen und weitgehend unbewussten psychischen Entwicklungsprozesses. Wird dieser Prozess gestört, so kann es zu einer „Fixierung" kommen, der Erwachsene bleibt dann unreif, das heißt möglicherweise „pervers" .

Erstellt von tixus um 1:08 PM Kategorien: Buch

Dienstag, Oktober 07, 2008

Ein Jahr in Istanbul

Dieses Buch war eine schöne Reiselektüre, die man auch noch auf den letzten Drücker oder erst in der Stadt lesen kann.

S.52 September 1955: Progrome gegen Griechen durch fingierten Brandanschlag auf Atatürks Geburtshaus im griechischen Thessaloniki. Atatürk ("Vater der Türken", eigtl. Mustafa Kemal)

S.97 Lärm

...der Kellner gibt mir zu verstehen, dass mein Handy klingelt. Er tut dies nicht etwa vorwurfsvoll, wie ein deutscher Kellner - entweder selbst vom Klingeln genervt oder aus Sorge, dass die Gäste es sind - es tun würde. Das Klingeln eines Telefons wird hier nicht als störend empfunden. Wie überhaupt Geräusche jedweder Art. Genau genommen kann es in Istanbul nie laut genug sein. Mindestens drei Geräuschquellen, so muss die ungeschriebene Regel hier besagen, sollten alle auf einmal Lärm machen.

s.126 Fasten

Wahrscheinlich habe ich mit meinem Ramazan alle meine türkischen Freunde vor den Kopf gestoßen. Sie können nicht verstehen, dass ich mich mit den Moslems solidarisch erkläre, mit den anatolischen Einwandereren , die mit ihrer Sippe auch den Islam nach Istanbul eingeschleppt haben wie einen Virus, der sich unaufhaltsam über die ganze Stadt ausbreitet.

Es ist nicht die arglose Arroganz, die etwa deutsche Großstädter den Leuten aus der Provinz gegenüber an den Tag legen, wenn der Istanbuler über die Einwanderer aus dem eigenen Land spricht. Es schwingt immer etwas Feindseligkeit mit und zeigt die tiefe Zerrissenheit dieses Landes: Die Kemalisten auf der einen Seite, die Islamisten auf der anderen. Dazwischen gibt es so gut wie nichts.

Wie ähnlich doch die Empfindungen der Istanbuler zu denen der westlichen Großstädter sind:

Wer sicht nicht rasiert - verliert:
Buschig und prächtig oder eher spärlich und zierlich, immer jedoch gepflegt. Erst der Schnurrbart macht den Türken zum richtigen Mann - zumindest in der anatolischen Provinz und in konservativen Kreisen.
Die Jugend zeigt sich glatt rasiert oder im schicken Dreitagesbart. Die klassischen Schnauzerträger mit grauem Kaufhaus-Standard-Jackett haben dort den Status eines Dorftrottels aus Hinteranatolien. Als schmierige Anmacher, als Röntgenci (Glotzer mit Röntgenaugen) sind sie unter jungen Frauen verpönt.

Susurluk - Wir fahren auch durch dieses Örtchen mit Geschichte:

Auf dem Weg von Bandirma nach Balikesir passiert man S., ein unbedeutendes Landstädtchen, dessen Name heute für einen der größten politischen Skandale der Türkei steht: Am 3.November 1996 raste hier ein Mercedes in einen Lastwagen. Drei Insassen starben: Der Ex-Vizepolizeichef von Istanbul, der Mafiaboss Abdullah Catli und dessen Freundin. Es überlebte der Parlamentsabgeordnete der Partei Tansu Cillers, Sedat Bucuk. S. gilt seitdem als Synonym der Verstrickung von Staat und Mafia.

Erstellt von tixus um 11:20 PM Kategorien: Buch

Mittwoch, September 24, 2008

Türkisch für Anfänger

Wir fliegen nach 'stanbul zum Besuch von Gülsum und Osman. Ich nehmen das Buch "Ein Jahr in Istanbul" mit und bekomme so einen guten Eindruck über Sprache und Geschichte Istanbuls und der Türkei. Es gibt z.B. kein X (Taksi) und kein W im Türkischen; das "ı" i ohne Punkt wird wie ein e gesprochen, so heißt Topkapi eigentlich "Topkappe", das "ş" ist ein sch (Şentürk = Schentürk - der fröhliche Türke), das "ç" ein tsch (çay = tschai - Tee) und das "ğ" ist stimmlos (Feridun Zaimoğlu = Zaimohlu, ~oğlu ist übrigens der Sohn von ...). Eher verwirrend ist die vertauschte Benutzung von "s" und "z": "s" ist scharf (Gülsum = Gülzum die Rose) und "s" ist weich (Gizem =Gisem)

Dann gibt es eine Auflistung der wenigen deutschen Lehnwörter an: aysberg, haymatlos, otoban, panzer, ähm şlempe (am besten laut vorlesen). Weiterhin wird erklärt, dass viele Kindernamen eigentlich Wünsche und Attribute sind: Kemal - vollkommen, Kertul - befreie dich, Murat/Arzu - Wunsch, Orhan - Richter, Önder - Führer, Salman - Freiheit.
Am besten merkt man sich wohl die zutreffendsten Dinge: Altıntop (ja, Halil und Hamit die Fussballprofizwillinge) bedeutet doch wirklich "goldener Ball"!
Zum Gold gibt es noch eine andere Geschichte:

Die 6 Minarette der blauen Moschee - ein Traum aus 1001 Nacht. Als Baumeister Mehmet Aga dem Sultan seine ersten Entwürfe vorlegte, zeigte sich dieser begeistert: Nur forderte er anstelle von 4 steinernen Minaretten 4 goldene. Mehmet Aga wusste, dass das die Mittel überstieg. Um den Herrscher nicht vor den Kopf zu stoßen und den eigenen zu schonen, verstand er ihn absichtlich falsch und baute 6 Minarette statt 4 goldene. (Altın = Gold, altı = 6).

Ganz besonders freue ich mich, wenn Wörter plötzlich einen neuen, besseren Sinn ergeben: "Saray" bedeutet Palast (Topkapı saray) - plötzlich weiss man, was denn der dumme Serail aus "Die Entführung aus dem Serail" meint; und das Galatasaray die Mannschaft mit dem Galata-Palast ist und das Karawanserei nicht eine komische Endung hat, sondern eben Palast für Karawanen bedeutet.

Erstellt von tixus um 6:58 PM Kategorien: Buch, Reise

Samstag, August 23, 2008

Where wizards stay up late

Endlich mal wieder ein Buch geschafft: Die Geschichte des Internet oder "Where wizards stay up late" von Katie Hafner. Und durch die tolle "Search Inside"-Funktion muss ich die guten Stellen nicht mehr rausschreiben sondern kann sie kopieren:

Command and Control-Prinzip

   

Netztheorie
  

Das ist leider auch typisch für neue Entwicklungen:

 

Und dies ist Teil der Genialität und ein gutes Prinzip für Systementwicklung: Divide-and-Conquer, Modularität und Separation-of-concerns: Nicht die vielen Hosts werden erweitert um individuelle Protokolle und Schnittstellen, sondern ein vorgeschalteter Standard-Minicomputer (die "IMPs") bedient das Standard-Netzwerk und nur die Schnittstelle zwischen ihm und dem Hosts ist proprietär.

   

Team building und Auswahl der richtigen, nicht notwendigerweise der allerbesten Leute für den Job ist Teil des Erfolgs.

    

Und endlich wird die Herkunft des @-Zeichens erklärt:  

Und zu guter Letzt wird auch der Begriff "Internet" beleuchtet:   

Erstellt von tixus um 2:35 PM Kategorien: Buch

Sonntag, Januar 20, 2008

Know your Steinbeck

"Cannery Row" ist fertig (gelesen) - ein tolles Buch: Vielfarbig, sprachlich so schön zu lesen, dass viele Bilder und Vorstellungen im Kopf entstehen können; mitfühlend; mit komplexen Charakteren und immer von Zuneigung zu ihnen geprägt.

Z.B. Macks Gang:

Gedanken zur Wahrheit bzw. Aufrichtigkeit:

Erstellt von tixus um 3:33 PM Kategorien: Buch

Sonntag, Januar 13, 2008

Medienwelten

Joris Luyendijk (Buch "Wie im echten Leben") beschreibt in der taz die Unmöglichkeit objektiven Journalismus' (mirror), die Färbung der Berichterstattung allein schon durch Sprache bzw. Vokabeln, aber auch Mittel zum mündigen Umgang mit Medien:

Es ist ein asymmetrisches Vokabular. Für die wichtigsten Dinge gibt es keine unparteiischen Begriffe. Wenn etwa die Haltung des syrischen Präsidenten den Interessen des Westens widerspricht, dann sagt man, er sei "antiwestlich". Von einen US-Präsidenten heißt es dagegen nie, er sei "antiarabisch" oder "antiiranisch". "Anti" heißt: Er hasst uns. Wenn nicht, ist er gemäßigt. Ich bin kein Neonazi. Aber nennt man mich darum einen "gemäßigten Europäer"? Doch ein Muslim, der kein Dschihadist ist, wird als "gemäßigter Muslim" bezeichnet. Das impliziert, dass er als Extremist geboren wurde, aber diesen Extremismus hat er zum Glück gemildert.

Und er beschreibt auch, wie die Nachrichtenbeschaffung in fremden Welten leider oft aussieht:

taz: Herr Luyendijk, als Sie Korrespondent für die arabische Welt wurden: Was hat Sie anfangs am meisten überrascht?
Joris Luyendijk: Dass die Mehrheit der Auslandskorrespondenten kein Arabisch spricht! Ob man nun die New York Times, Newsweek oder die Süddeutsche Zeitung nimmt - selbst der berühmte britische Journalist Robert Fisk spricht kein Arabisch.
... wenn man ankommt, braucht man vor Ort einen Dolmetscher und einen "Fixer", der einem die Termine "fixt" - das ist jemand, der einem in Gaza-Stadt eine Witwe organisiert, die bei einem israelischen Angriff ihren Mann verloren hat. So ein Fixer hat meist ein ganzes Portefeuille solcher Kontakte parat, aus denen ich dann auswählen kann. Der gleiche Fixer arbeitet auch für die New York Times, die BBC und die Süddeutsche Zeitung.

Aber ich glaube, wir müssen offener mit den Problemen umgehen und dem Publikum klarer machen, dass wir nur eine Version der Wahrheit abbilden. Aber ist das Publikum wirklich bereit, das zu hören? Dass wir vielleicht von unserer eigenen Regierung manipuliert werden? Ich glaube, viele Leute schalten die Nachrichten ein, um zu hören, dass ihre Regierung letztendlich recht hat.

Erstellt von tixus um 12:50 PM Kategorien: Buch
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