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Donnerstag, Februar 21, 2008

Viva Cuba

Ich bin doch sehr überrascht und muß mein Vorurteil Raúl gegenüber revidieren. In diesem Artikel (mirror) wird im Zusammenhang mit Fidels Rücktrittsankündigung der Stellvertreter und Nachfolger beschrieben:

Das Hotel Casa Granda ist der Stolz von Santiago de Cuba, der zweitgrößten, farbigsten und explosivsten Stadt der Insel. Die brandneuen, klimatisierten Busse, die sich in den engen Raum vor der alten Luxusherberge zwängen, stammen aus China. Ihre Fahrgäste kommen aus aller Herren Länder, soweit diese westlich sind. Zusammengeführt hat sie Kubas größter und erfolgreichster Arbeitgeber, die Armee. Gaviota, Möwe, heißt der vom Militär betriebene Touristikkonzern.

Raúl und seine Militärs nutzten die Notlage als Manövergelände für die ersten Voraustrupps einer staatskapitalistischen Modernisierung. Seither hat der Verteidigungsminister, der die Armee von 300.000 Mann am Ende des Kalten Krieges auf 50.000 reduzieren konnte, immer mehr Wirtschaftszweige erobert. Verdiente Offiziere der Fuerzas Armadas Revolucionarias (Bewaffnete Revolutionäre Streitkräfte) gehen nach ihrem aktiven Dienst im Business auf Posten. Die besten haben die Chefetagen der wichtigsten Unternehmen im Blick. Der Kapitalismus, der aus den Kasernen kommt, war nicht mehr von ideologischen Berührungsängsten gehemmt. Er gehorchte dem Markt und nicht mehr dem máximo líder. Talentierte Offiziere absolvieren Management-Institute in Europa. Aus der vierten Etage des Verteidigungsministeriums in Havanna lenken sie ein Imperium, zu dem 800 Unternehmen gehören und das über 60 Prozent der Wirtschaftskraft Kubas kontrolliert.

Die Stunde des Verteidigungsministers kam, als Anfang der neunziger Jahre das Sowjetimperium zusammenbrach und niemand mehr nur einen Pfifferling für den fernen kubanischen Satelliten gab. Mit über fünf Milliarden Dollar jährlich hatte der Kreml seit dem US-Embargo von 1962 seine karibischen Politmissionare alimentiert. Jetzt gingen auf Kuba die Nahrungsmittel, das Öl, die Lichter aus. Der máximo líder verordnete Steinzeitkommunismus, Ochsen statt Traktoren. Tausende Demonstranten antworteten im August 1993 an der Uferpromenade Malecón: »Nieder mit Fidel!« Hungeraufstände drohten. Doch Raúl wollte kein zweiter General Jaruzelski werden und die Armee, sein Lebenswerk, gegen die Bevölkerung einsetzen – wie es in Polen 1981 geschah. Stattdessen schickte er die Soldaten auf die Felder, gab die Parole »Bohnen statt Kanonen« aus, verkündete die Wiederzulassung bestimmter Kleingewerbe und vor allem jener Bauernmärkte, die sein Bruder zuvor im Geiste der alten Kulakenfurcht abgeschafft hatte. So säten und ernteten die stolzen Internationalisten, die Fidels Revolutionsträume und Raúls Managertalente bis nach Afrika getragen hatten, nun Getreide, Gemüse, Kartoffeln – und retteten das Regime.

Erstellt von tixus um 8:54 PM Kategorien:
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